Elisabeth Gumpenberger stammt aus Rohrbach in Oberösterreich, wo sie mit vier Geschwistern in einem Zweifamilienhaus mit großem Garten aufwuchs. Ihre Kindheit war geprägt von viel Freiheit und Naturverbundenheit – ein Leben, das sie später auch ihren eigenen Kindern ermöglichen wollte. Mit 18 Jahren zog sie nach Wien, um Sinologie und Internationale Entwicklung zu studieren – ein Weg, den viele in ihrem Umfeld damals kurios fanden. Für Elisabeth war es jedoch eine spannende Möglichkeit, neue Perspektiven kennenzulernen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Nach dem Studium arbeitete sie bei einem großen Verpackungskonzern, bevor sie zu einer Open-Innovation-Beratung wechselte, wo sie heute noch tätig ist.
Während ihrer Zeit in Wien war sie Mitgründerin einer Food Coop – einer Einkaufsgemeinschaft für biologische und regionale Lebensmittel. Gemeinsam mit ihrem Partner Armin und Freunden initiierte sie ein Projekt, das nicht nur den Zugang zu hochwertigen Produkten ermöglichte, sondern auch neue soziale Netzwerke entstehen ließ. Die Gruppe organisierte sich basisdemokratisch, traf Entscheidungen im Kollektiv und setzte auf transparente Strukturen. Die Coop wuchs auf rund 80 Mitglieder, und Elisabeth lernte in dieser Zeit, wie wertvoll gemeinschaftliches Handeln und nachhaltiger Konsum sein können.
Mit dem dritten Kind wurde der Alltag in der Stadt zunehmend beschwerlich, und der Wunsch nach Veränderung wuchs. 2020 entschloss sie sich mit ihrem Mann zur Rückkehr aufs Land – nicht ohne Zweifel, denn ursprünglich war ein anderer Ort geplant, und auch beruflich war vieles offen. Sie nutzte die Karenzzeit, um ein neues Projekt zu planen: einen eigenen Bioladen. Unterstützt von ihrer Familie, besonders durch das leerstehende obere Stockwerk im Elternhaus, und durch ihren Teilzeitjob in Wien, entwickelte sie mit ihrem Mann das Konzept.
Der Laden „LieblingsSpeis“ in Rohrbach öffnete 2021 seine Türen. Er funktioniert mit einem Vorbestellsystem und ist an einem Tag pro Woche geöffnet. Viele Produkte stammen von regionalen Produzent:innen, die Elisabeth und ihr Mann teils schon aus Wien kannten oder durch persönliche Hofbesuche auswählten. Das Sortiment ist klein, sorgfältig kuratiert und vollständig biozertifiziert. Besonders wichtig ist ihnen Transparenz: Die Geschichten hinter den Produkten werden erzählt, die Menschen dahinter sichtbar gemacht.
Freitag ist der zentrale Tag im Laden: Während Armin frühmorgens Gemüse, Obst und Brot einsammelt, bereitet Elisabeth den Laden vor, sortiert Lieferungen und organisiert die Vorbestellungen. Der Kundenandrang ist bereits zur Öffnung groß – viele schätzen Qualität und persönliche Atmosphäre, auch wegen des guten Kaffees und der Möglichkeit zum Plausch.
Parallel zu ihrem Engagement im Laden arbeitet Elisabeth weiterhin für die Innovationsberatung in Wien – meist von zu Hause aus, gelegentlich reist sie für Workshops in die Stadt, beispielsweise im Rahmen ihrer Tätigkeit fürs Netzwerk Zukunftsraum Land. Diese Doppelbelastung erfordert viel Organisation, klare Rollenaufteilungen und das Bewusstsein, dass nicht alles gleichzeitig möglich ist. Dennoch genießt sie die Vielfalt.
Die Rückkehr aufs Land brachte auch kulturelle Umstellungen. Familiäre Rollenbilder, Erwartungshaltungen im Umfeld und der Umgang mit Mobilität sind Herausforderungen. Besonders die Kinderbetreuung sieht sie als zentrales Thema – viele Frauen am Land erleben den Druck, ihre Kinder frühzeitig und ausschließlich selbst zu betreuen. Gleichzeitig wünscht sie sich mehr kindgerechte Verkehrsplanung und Infrastruktur, die Alltagswege ohne Auto ermöglicht.
Elisabeth blickt mit Dankbarkeit auf den Weg zurück und den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit. Ihr Rat: Wenn man für etwas brennt, soll man es ausprobieren – aber mit einem Plan B in der Tasche. Dass sie zwei Standbeine hat – den Job in Wien und den Laden am Land – gibt ihr Sicherheit und ermöglicht ihr, Familie, Beruf und persönliche Überzeugungen zu verbinden. Mut, Klarheit und Gemeinschaftssinn – das sind die Werte, die sie trägt und lebt.
058 – Elisabeth Gumpenberger: Heimat im Herzen, Bio im Bauch