030 – Gabriele König-Gruber: Auf Augenhöhe

Wir sind in St. Radegund am Fuße des Schöckl in der Steiermark und genießen die wunderschöne Aussicht aus einem Holzhaus. Weite, Licht und eine fröhliche Gastgeberin bilden wieder einen schönen Rahmen für ein intensives Gespräch.

Gabriele ist Holzbaumeisterin und die Leidenschaft für ihren Beruf wurde ihr sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Ihre Eltern führten einen Zimmereibetrieb, den sie selbst bereits von den Großeltern übernommen hatten und für Gabi war schon immer klar, dass sie die nächste Gestalterin im Familienbetrieb sein würde. Eine Mischung aus Leidenschaft und der doch starken Prägung ihres Vaters macht ihre besondere Leidenschaft aus. Jedenfalls war auch ihren beiden Schwestern klar, dass Gabi in die Fußstapfen der Eltern steigen wird.

Davor aber hat sie eine Klosterschule in Graz besucht. Nach der achten Schulstufe ist sie – schon mit Blick auf den Zimmereibetrieb – in eine HTL gewechselt. Die Aufnahmeprüfungen waren die erste Hürde, aber sie wollte den Beruf in einer Schule erlernen. Damals waren nur zwei junge Frauen in der Klasse und es hat doch etwas gedauert, bis sie angekommen und von den Burschen akzeptiert waren. Sie hat nie versucht sich gegen unangenehme Aussagen ihrer Kollegen zu wehren. Die Gemeinschaft war schließlich so gut, dass das Schulnetzwerk bis heute besteht und „sie sich immer noch riechen können“, betont Gabi. Bauhof und Praxiserfahrungen waren selbstverständlicher Teil der Ausbildung. Auch wenn sie sich beim ersten Mal in einem Dachboden voll Taubenkot schon gefragt hat, was sie da eigentlich macht. Doch auch da muss Frau durch, war Gabis Devise. Und bei blöden Sprüchen – die es auf der Baustelle durchaus öfter gab – hat sie eine Methode entwickelt: „Ich habe zwei Ohren und schalte auf Durchzug. Es ist wichtig bei sich zu bleiben. Dann schafft man alles und wird stärker.“ 

Nach der Matura ging es in den elterlichen Betrieb. Sie wollte weitere Praxiserfahrungen sammeln und wusste, dass sie die Meisterprüfung ablegen musste, wenn sie den Betrieb einmal übernehmen wollte. Mit jungen 22 Jahren begann Gabi mit dem Meisterkurs wo sie ihren Mann Sepp kennengelernt hat. „Ich habe in meinem Leben immer Glück gehabt“ meint sie, denn nicht nur die Berufswahl war perfekt, denn auch mit ihrem Mann stimmt die Wellenlänge bis heute. 

Anfangs haben sie beide Betriebe parallel geführt, aber nach der Hochzeit haben sie begonnen diese zusammenzuführen – eine Herausforderung, wie sich immer wieder herausstellte. Die viele Hin-und-Her-Fahrerei war anstrengend und auch andere Gründe sprachen dafür sich zu fokussieren. Heute ist der Firmenstandort in St. Radegund bei Graz und der Standort in Graz wird anders genutzt. 
Sie schätzen beide sehr, dass ihre Väter sie gestalten und entscheiden ließen. Es ist nicht einfach sein Lebenswerk loszulassen und die Jungen machen zu lassen. Rückblickend rät sie uns, dass jeder eine wirtschaftliche Ausbildung machen soll, egal ob Selbstständig oder nicht. 

Unternehmerin sein hat viele Facetten: Es geht um Mitarbeiterführung, Marketing, Lohnverrechnung, Buchhaltung, den Betriebsstandort und vieles mehr. Deshalb verbringt sie heute zwar die meiste Zeit im Büro, ist aber auch immer wieder gerne draußen bei den Kund:innen und es macht ihr Spaß eine Baustelle aufzunehmen. Kund:innen schätzen sehr, dass sie als Frau oft einen anderen Blick auf die Dinge hat und andere Lösungsvorschläge bringt. 

Gabi schätzt es am Wochenende sehr mit ihrem Mann am eigenen Haus zu werkeln. Das erdet sie und Sepp. Und so freuen sich beide schon auf das neue Haus, an dem sie nun für sich bauen. Denn auch für die beiden wird es langsam Zeit loszulassen und die Arbeit an die nächste Generation weiterzugeben. Wie sie das Angehen, welche drei Dinge im neuen Haus wichtig waren und wie es ist, 24 Stunden mit dem Ehemann zusammen zu sein – erzählt uns Gabi im Gespräch am Küchentisch an einem stürmischen Nachmittag.

weiterführende links:

www.koenig-gruber.at